In einem aktuellen Urteil vom 13.12.2023 (Az. VII R 10/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) wichtige Klarstellungen zur Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist bei Haftungsbescheiden getroffen. Die Entscheidung hat erhebliche praktische Relevanz für Unternehmen, Geschäftsführer und Berater, die mit möglichen Haftungsrisiken gegenüber dem Finanzamt konfrontiert sind.
Hintergrund: Was bedeutet Anlaufhemmung bei Haftungsbescheiden?
Die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO beträgt grundsätzlich vier Jahre, beginnt jedoch nicht sofort mit Entstehung des Anspruchs. § 191 Abs. 5 Satz 1 AO bestimmt vielmehr, dass die Frist zur Festsetzung eines Haftungsbescheids erst zu laufen beginnt, wenn die Finanzbehörde in der Lage ist, den Sachverhalt, der zur Haftung führt, so weit aufzuklären, dass ein haftungsbegründender Verwaltungsakt erlassen werden kann. Diese sogenannte Anlaufhemmung dient dem Schutz der Verwaltung, kann im Einzelfall jedoch zu einer erheblichen Verlängerung des Haftungsrisikos führen.
Was hat der BFH entschieden?
Im konkreten Fall ging es um einen Geschäftsführer, der für Umsatzsteuerverbindlichkeiten einer GmbH haftbar gemacht wurde. Das Finanzamt erließ den Haftungsbescheid mehrere Jahre nach dem Entstehen der Steuerschuld – aus Sicht des Betroffenen zu spät. Der BFH entschied jedoch, dass die Anlaufhemmung in § 191 Abs. 5 Satz 1 AO einschlägig war, da die Behörde mangels ausreichender Kenntnisse über den haftungsbegründenden Sachverhalt die Festsetzung nicht früher hätte treffen können.
Warum ist das Urteil wichtig?
Das Urteil macht deutlich: Für den Beginn der Festsetzungsfrist ist nicht allein der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld relevant, sondern der Moment, in dem die Finanzbehörde über hinreichende Informationen zur Haftung verfügt. Dabei kommt es auf eine vollständige Sachverhaltsaufklärung an. Erst dann beginnt die Frist zu laufen.
Diese Auslegung kann für Betroffene bedeuten, dass Haftungsrisiken über viele Jahre latent bestehen bleiben – mit erheblichen Folgen für die Rechtssicherheit und Planbarkeit.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil unterstreicht die hohe Bedeutung einer aktiven Kommunikation mit dem Finanzamt und einer sorgfältigen Dokumentation. Unternehmen und Geschäftsführer sollten frühzeitig für Transparenz sorgen, um einer möglichen Anlaufhemmung vorzubeugen. Zudem sollten Haftungsrisiken regelmäßig überprüft werden – auch über die üblichen Fristen hinaus.
Empfehlung: Frühzeitige Beratung schützt vor Haftungsfallen
Unsere Kanzlei Consilio & Partner ist auf die Verteidigung und Prävention in steuerlichen Haftungsfällen spezialisiert. Wir beraten Geschäftsführer, Vorstände und Gesellschafter zur persönlichen Haftung und setzen uns in Haftungsverfahren gegenüber Finanzbehörden und Gerichten für Ihre Rechte ein.
Insbesondere bei Insolvenz, Umsatzsteuerverbindlichkeiten oder steuerstrafrechtlichen Vorwürfen kann es schnell zu einer persönlichen Inanspruchnahme kommen. Lassen Sie sich daher frühzeitig und kompetent beraten.
Fazit:
Das Urteil des BFH zeigt erneut, wie komplex das Zusammenspiel von Steuerrecht und Haftungsfragen ist. Die Anlaufhemmung bietet der Finanzverwaltung weitreichende Möglichkeiten – betroffene Unternehmen und Entscheidungsträger sollten dies nicht unterschätzen. Rechtzeitige steuerliche und rechtliche Beratung ist der beste Weg, um Haftungsrisiken effektiv zu minimieren.
Beratung durch Consilio & Partner
Unsere Kanzlei mit Sitz in Karlsruhe berät Unternehmen u.a. zu Umsatzsteuer, innergemeinschaftlichem Handel und steuerlichen Sorgfaltspflichten. Rechtsanwalt Daniel Purbs ist Fachanwalt für Steuerrecht und erfahrener Berater im Umsatzsteuerstrafrecht.
Consilio & Partner – Ihre Kanzlei für Steuerrecht, Unternehmensstrukturierung und rechtssichere Gestaltung.
Rechtsanwalt Daniel Purbs
Fachanwalt für Steuerrecht
Zertifizierter Berater für internationales Steuerrecht
www.consilioundpartner.de
Standort: Karlsruhe | Telefon: +49 721 276 608 10